Textbeispiel

Susanne Sölter

Nicht ohne meine Stifte

"Ich bin der Öltyp", charakterisiert sich Katrin Engelking kurz und bündig selber, seit ich denken kann, male ich richtig gerne. Das kommt dermaßen strahlend und energiegeladen, daß es nur so Funken sprüht. Vorsicht, Ansteckungsgefahr - während ihrer vorweihnachtlichen Bücherpräsentation in einer Hamburger Buchhandlung hatte sie das Elternpublikum in Windeseile gewonnen. Nicht zuletzt durch ihre spontane und unbekümmerte Art, die auch in ihren Bildern erkennbar ist. Die Buchhändlerin war’s zufrieden.

Bilderbuchkindheit

Stifte zum Ruhigstellen hatte sie von ihren Eltern bekommen - die hatten es vermutlich genauso in sich wie die sogenannten "Kraftpillen". Das sei Lakritz für Schlappmacher an Familienwanderungen gewesen, erinnert sie sich. Im zarten Alter von zweieinhalb Jahren - wenn Kinder sogenannte Kopffüssler malen - stand ihr Motto bereits fest: Nicht ohne meine Stifte! Egal, wohin sie ging, wanderte oder reiste, ständiger Begleiter war der Malkasten. Malst du mir mal ein Pferd, hätten die Mitschüler gefragt. Natürlich brachte sie zu Papier, was anderen zu schwierig war. Mit vierzehn dann aquarellieren im ersten Malkursus. Doch die Lehrerin prophezeite schon damals, was sie später selber entdecken sollte: pastose Farben.

Folgenreiche Ausstellungen

Berufung gleich Beruf, also Umzug vom niedersächsischen Bückeburg nach Hamburg. Ihr Studium an der Fachhochschule für Gestaltung gestaltete sich so: Gelegentliche Stippvisiten beim Prof. Der Rest war Malen, Malen, Malen, egal mit welcher Technik. Inzwischen also mit Acryl, der kleinen Ölschwester. Sozusagen autodidaktisch - denn gelehrt wird eher das Formale, Farb- und Formgebung.

Ihr Prof, Rüdiger Stoye, ist bekannt für Semesterausstellungen mit folgenreichen Vernetzungen. Das hatte positive Konsequenzen für Katrin Engelking ­ denn prompt gab es Anfragen von Buchverlagen im Briefkasten, auch vom Hamburger Verlag Oetinger: Ob sie wohl Lust hätte, eine Geschichte von Bettina Obrecht zu illustrieren? Und ob! Nämlich Anna wünscht sich einen Hund..

O-E-O

Inzwischen ist Obrecht-Engelking-Oetinger ein bewährtes Trio. Deren neueste Geschichte fürs Frühjahr heißt Der Hase im Mond. In Bologna, wo sich ein mal im Jahr Illustration und Text plus Verlag treffen, nahm das Buch seinen Anfang: In einem Ristorante, als sie nämlich mal wieder irgendwelche Figuren auf die Serviette kritzelte. Diesmal Hasen.

Bitte mehr Respekt vorm Tier! Die leicht philosophisch verschlüsselte Botschaft des Obricht-Textes gefiel ihr. Und: Figuren sind ihre Spezialität, ob skurril, naturalistisch oder fifty-fifty. Über ihrem Arbeitsplatz äugt das Rübenschwein aus Fimo herunter. Halb Tier halb Gemüse - diese Art Minotaurus hatte sie hingekritzelt, als sie mit dem Lektor von Hanser telefonierte. Dann wurde sie plastisch, dann Buchfigur. Es lebte ein Kind auf den Bäumen ist eine ungewöhnliche Symbiose mit Texten, Versen, Noten plus CD von Jutta Richter und Konstantin Wecker. Die leicht melancholische Geschichte braucht sonnige Bilder, fand Katrin Engelking und entwickelte kleinformatige und ganzseitige Sinn-, Traum- und Stimmungsbilder in leuchtenden Farben. Dazwischen laufen Rübenschwein, Henne Berta und Traumel völlig losgelöst über weiße Seiten.

Kunst & Können

Vorbilder? Doch, besonders die mit dem angelsächsischen Humor, etwa John A. Rowe. Ich bewundere sein tolles Gefühl für Form, Farbe, Fläche und Licht. Hervorragend überzeichnet findet sie seine Figuren, dazu der schlichte, eher dunkle Grund. Oder die Geschichte von Steve Johnson, die davon handelt, wie wohl das verwandelte Leben vom Froschkönig mit seiner Prinzessin weitergeht. Sie schwärmt von seinen "leicht absurden, karikierten Figuren".

Ihr Credo Ich muß mich nicht verbiegen. Dafür verbiegt sie liebend gern mit Kunstgriffen und spielt mit Perspektiven: Denn aus Katzensicht sind Möbel oben breit und unten schmal. Von oben läßt sie uns zugucken, wie Klein-Lea da unten noch etwas wacklig ihre allererste Kurve ohne Stützräder fährt. So etwas regt die Vorstellungsgabe an, ganz nebenbei. Die Oetinger-Reihe Endlich kann ich... mit Achim Brögers Texten ist sehr gelungen, weil humorvoll und lebensnah.

Neue Schwedenkinder brauchte der Oetinger Verlag kürzlich. Klar, da ist sie prädestiniert, weil "Lindgren-geprägt" in den Siebzigern. Andererseits: Puh, war schwer! Wie bitte? Ja, mich zu befreien. Von den Archetypen in unseren Köpfen. Beginn also mit Lasse, Bosse & Co. im Frühjahr fürs Erstlesealter, Kindertag in Bullerbü. Bei der Polly ist das anders, für die zweite Lindgren-Geschichte fühlt sie sich freier und inspirierter. Weil die als etwas unbedeutenderes Minibilderbuch vor über vierzig Jahren im Katalog war, gezeichnet von Ilon Wikland.

Siebzehn (!)Bücher mit Katrin-Engelking-Illus liegen auf dem Schreibtisch - eines haben alle gemeinsam: Leuchtende Bilder kommunizieren mit ihren Betrachtern und geben Kinderperspektiven wieder, weil Engelking’sche Erinnerungen immer mit malen.

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